Pflegegrade: Überblick und Bedeutung für Betroffene
Ob nun Krankheit, ein Unfall oder einfach das Alter – viele Menschen kommen irgendwann in die Situation, dass sie ihren Alltag nicht mehr wie gewohnt leben können. Einschränkungen der Mobilität oder auch der Sinneswahrnehmung sorgen für erhebliche Probleme und können am Ende die Pflege durch andere Personen notwendig machen.
Der Gesetzgeber teilt Personen dabei in verschiedene Pflegegrade ein und bestimmt so die Zuschüsse, die Versicherte von der Pflegekasse enthalten. Doch wie sind die Pflegegrade aufgebaut und was bedeuten sie für die Betroffenen?
Pflegegrad: Eine Definition
Ein Pflegegrad beschreibt grundsätzlich den Zustand eines Menschen, der nicht mehr über die komplette eigene Alltagskompetenz verfügt. Die Höhe des Pflegegrads zeigt dabei die Schwere der jeweiligen Beeinträchtigung und damit das Maß der Pflegebedürftigkeit an. Bis zum Jahr 2017 bestand das System aus drei Pflegestufen. Mit der Verabschiedung des Zweiten Pflegestärkungsgesetzes (PSG II) wurden diese Pflegestufen durch fünf Pflegegrade ersetzt.
Was unterscheidet die einzelnen Pflegegrade?
Die Abstufung der einzelnen Pflegegrade dient am Ende vor allem der Höhe der finanziellen Zuwendungen, die die betroffenen Personen erhalten. Die folgende Tabelle zeigt die Unterschiede auf:
Leistung pro Monat | Pflegegrad 1 | Pflegegrad 2 | Pflegegrad 3 | Pflegegrad 4 | Pflegegrad 5 |
Pflegegeld | 316 Euro | 545 Euro | 728 Euro | 901 Euro | |
Zuschuss Tages- und Nachtpflege | 689 Euro | 1.298 Euro | 1.612 Euro | 1.995 Euro | |
Zuschuss zur vollstationären Pflege | 770 Euro | 1.262 Euro | 1.775 Euro | 2.005 Euro | |
Zuschuss zu Pflege-Sachleistungen | – | 724 Euro | 1.363 Euro | 1.693 Euro | 2.095 Euro |
Tabelle 1: Leistungen rund um den Pflegegrad, Stand: März 2022
Zusätzlich erhalten alle Pflegegrade pauschale Zuschüsse zu verschiedenen Leistungen. Dazu gehören:
- Monatlicher Zuschuss zum Hausnotruf: 25,50 Euro
- Wohnraumanpassung: 4.000 Euro
- Monatlicher Wohngruppenzuschuss: 214 Euro
- Zum Verbrauch bestimmte Pflegehilfsmittel: 40 Euro pro Monat
Diese Zuschüsse gelten auch bei Pflegegrad 1, der bei den obigen Pflegeleistungen außen vor bleibt. Erst ab Pflegegrad 2 besteht ein genereller Anspruch auf Pflegesachleistungen.
Wie erfolgt die Einstufung in einen Pflegegrad?
Wird aufgrund des fortschreitenden Alters eine Person pflegebedürftig, steht irgendwann auch die Beantragung auf entsprechende Zuschüsse an. Der erste Antrag auf einen Pflegegrad erfolgt bei der zuständigen Pflegekasse. Daraufhin nimmt der medizinische Dienst (MD) eine sogenannte Pflegebegutachtung vor. Im Normalfall handelt es sich dabei um einen Termin, bei dem folgende Kriterien geprüft werden:
- Mobilität (Möglichkeit selbstständiger Bewegung)
- Selbstversorgung (Möglichkeit der selbstständigen Pflege wie z.B. Waschen)
- Kognitive und kommunikative Fähigkeiten (Zeitliche und örtliche Orientierung im Alltag, Gesprächsführung, Entscheidungsfindung)
- Verhaltensweisen und psychische Probleme (Benötigt der Betroffene Hilfestellung wegen ängstlichem Verhalten? Wird er schnell aggressiv?)
- Bewältigung und selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Anforderungen und Belastungen (Kann der Betroffene Selbstbehandlungen wie einen Verbandswechsel oder Zuckermessungen noch selbst durchführen?)
- Gestaltung des Alltagslebens (Kann der Betroffene noch Kontakte pflegen und seinen Tag selbstständig planen?)
Auf Basis der Pflegebegutachtung empfehlen die Gutachter am Ende einen Pflegegrad, aus dem sich wiederum entsprechende Zuschüsse ergeben.
Hinweis: Bei Privatversicherten wird die Pflegebegutachtung normalerweise über die MEDICPROOF GmbH durchgeführt.
</Experten-Tipp: Vorbereitung auf die Pflegebegutachtung
Es kommt leider nicht selten vor, dass die Einstufung einzelner Personen am Ende recht zurückhaltend ausfällt. Wer hier bessere Argumente haben möchte, sollte bereits im Vorhinein die eigenen Pflegeaufwendungen in einem Tagebuch aufzulisten. Eine Begründung, die auf tatsächlichen Zahlen und Belegen basiert, kann deutlich schwieriger zurückgewiesen werden. So lässt sich eventuell ein Pflegegrad erreichen, der den tatsächlichen Kosten deutlich näherkommt.
Pflegegrade werden auch bei Krankheiten oder körperlichen Dauerbeschwerden vergeben
Eine Einstufung in Pflegegrade kann auch infolge einer Erkrankung oder bei einem körperlichen Gebrechen erfolgen. Je nach Krankheit kommt es hierbei auf den Schweregrad an. Hier einige Beispiele:
- Multiple Sklerose (MS): Insbesondere spätere Mobilitätseinschränkungen oder auch Einschränkungen anderer Körperfunktionen wie Darmentleerung können enorme Probleme auslösen. Auch das Fatigue-Syndrom als Begleiterkrankung sorgt mitunter dafür, dass Personen pflegebedürftig werden. Potenzielle Probleme können dadurch entstehen, dass die Krankheit in Schüben auftritt und schon zu Beginn zeitweise enorme Einschränkungen mit sich bringt.
- COPD: die Lungenerkrankung sorgt vor allem im fortgeschrittenen Stadium dafür, dass Betroffene unter erheblichen Einschränkungen leiden. Die zunehmenden Atembeschwerden sorgen dafür, dass alltägliche Tätigkeiten nicht mehr durchführbar sind. In diesem Fall ist ein Pflegegrad durchaus möglich.
- Krebs: Hier kommt es sehr auf den Einzelfall an. Mit fortschreitendem Krankheitsverlauf nimmt die Pflegebedürftigkeit tendenziell zu. Zusätzlich spielt auch das Alter der betroffenen Person eine nicht unbedeutende Rolle.
- Nach einem Schlaganfall: Ein Schlaganfall ist ein Schock-Erlebnis, nachdem es mitunter schlagartig zu einer Pflegebedürftigkeit kommen kann. Je nach Zustand des Patienten stellt die Pflegegrad-Einstufung dafür aber auch seltener ein Problem dar.
Ein Sonderfall nimmt in diesem Zusammenhang übrigens die Demenz ein. Bis zur Pflegereform im Jahr 2017 wurden demente Personen lediglich in Pflegestufe 0 eingeteilt. Dies hat sich mittlerweile geändert, sodass die Einteilung des Pflegegrads mittlerweile auch hier angesichts des tatsächlich auftretenden Pflegebedarfs erfolgt.