Behindertengerechtes Wohnen: Darauf kommt es an
Laut Angaben des Statistischen Bundesamtes leben in Deutschland rund 10,4 Millionen Menschen mit einer amtlich anerkannten Behinderung in Privathaushalten. Auf die Gesamtbevölkerung bezogen, hat damit jede achte Person in einem privaten Wohnumfeld eine Behinderung. Dennoch leben viele der Betroffenen allein: In der Altersgruppe bis 44 gibt es sogar 60 Prozent Alleinlebende. Wichtig für diese Personen: Ihr Wohnumfeld muss bezogen auf die jeweilige Behinderung barrierefrei gestaltet sein. Doch wie funktioniert das im Detail? Welche Maßnahmen sollten ergriffen werden und was ist dabei zu beachten?
Rampe oder Hublift zur Überbrückung der Eingangstreppe
Anschließend überbrückt eine Rollstuhlrampe oder ein Hublift den etwaigen Höhenunterschied zwischen Boden und Eingangstür. Ob eine Eingangstreppe per Rampe überbrückt werden kann, richtet sich nach dem vorhandenen Platzangebot: Da Rollstuhlrampen in ihrer Steigung auf 6 bis maximal 20 Grad begrenzt sind, müssen sie umso länger sein, je höher die zu überbrückende Treppe ausfällt. Um Platz zu sparen, kann eine Rampe über Eck konstruiert werden. Fehlt auch dafür der Raum, gibt man einem Hublift den Vorzug, der wenig Raum in Anspruch nimmt, da er sich ausschließlich senkrecht bewegt.
Vor der Eingangstür brauchen gehbehinderte Personen ausreichend Platz, um einen Rollstuhl zu manövrieren oder einen Rollator zu parken. Die Eingangstür öffnet sich im Idealfall auf Knopfdruck automatisch.
Wie sieht ein behindertengerechter Eingangsbereich aus?
Für Rollstuhlfahrer und gehbehinderte Personen ist ein stufen- und schwellenloser Zugang zur eigenen Wohnung essenziell. Das beginnt bereits beim geeigneten Parkplatz mit einer Breite von mindestens 3,5 Meter. Er erlaubt, dass gehbehinderte Personen komfortabel aus dem Auto aussteigen und gegebenenfalls in einen Rollstuhl umsteigen können.
Das Treppenhaus behindertengerecht gestalten
Wer in einer Etagenwohnung lebt, hat nicht immer das Glück, dass ein Aufzug vorhanden ist. Vorgeschrieben ist der Personenaufzug in der Bauordnung der Länder (§39 Absatz 4) nämlich erst für Gebäude ab mehr als drei (NRW) bzw. mehr als vier (Berlin) oberirdischen Geschossen.
Mieter dürfen einen Treppenlift installieren – allerdings auf eigene Kosten
Als Mieter hat man zumindest das Recht, auf eigene Rechnung einen Treppenlift einzubauen, wenn die erforderliche Restlaufbreite von 60 Zentimetern erhalten bleibt. Die Kosten des Umbaus trägt der Mieter, während der Vermieter eine Kaution fordern kann, die den Rückbau abdeckt. Für eine Eigentümergemeinschaft kann es dagegen interessant sein, ein bestehendes Treppenhaus mit einer Homelift-Anlage zu ergänzen, da es den Wert jeder Wohnung im Komplex hebt. Je nach Platzangebot kann ein Lift neben der Treppe oder auch als Außenlift installiert werden.
Behindertengerechte Wohnräume – die Grundmaße
Gehbehinderte Personen und Rollstuhlfahrer brauchen mehr Bewegungsfreiheit. Dazu tragen Türen bei, die mindestens 90cm breit sind und einen Freiraum von 1,5m auf beiden Seiten zum Wenden freilassen. Eine Fläche von 1,5*1,5m in der Mitte jedes Wohnraumes erlaubt, dass sämtliche Einrichtungsgegenstände bequem erreicht werden. Auch der Flur sollte mindestens 1,5m breit sein, damit sich der Bewohner bequem umdrehen kann. Diese Maßgaben erzeugen automatisch einen großzügigeren Wohnungsgrundriss, in dem ein Bad mindestens 15m² umfasst und ein Wohnraum mindestens 18 bis 20m² Platz bietet.
Was gehört in eine behindertengerechte Küche?
Dass die Arbeitsplatte, der Herd und die Spüle unterfahrbar sind, nützt nicht nur Rollstuhlfahrern. Auch mobilitätseingeschränkte Küchennutzer erhalten so die Möglichkeit, sich zum Arbeiten hinzusetzen. Wichtig: Die Arbeitsfläche sollte auch in der Höhe auf den Nutzer abgestimmt werden; besser noch: individuell verstellbar sein. Für den Komfort sorgen außerdem ein Kühlschrank, eine Spülmaschine und ein Backofen, die in einer leicht zugänglichen Arbeitshöhe zwischen 40 und 140cm eingebaut werden.
Wie richtet man ein behindertengerechtes Bad ein?
Der Waschtisch sollte so viel Beinfreiheit bieten, dass Rollstuhlfahrer ihn unterfahren können und gehbehinderte Personen sich davor hinsetzen können. Wichtig für das WC: Hier sorgen Haltegriffe und Sitzerhöhungen dafür, dass es für den Nutzer gut erreichbar ist. Ebenso sollten Spülknopf und Toilettenpapierhalter so positioniert sein, dass sie keine Verrenkungen erfordern. Eine rollstuhlgerechte Dusche hat Bodenniveau und misst 1,5*1,5m in der Grundfläche. Badewannen lassen sich mit speziellen Lifts zur Barrierefreiheit umrüsten.
Auf die Details achten
Häufig sind es Kleinigkeiten, die gehbehinderten Personen oder Rollstuhlfahrern im Alltag Probleme machen. So sollten z.B. die Steckdosen nie bodennah installiert werden, sondern ab einer Höhe von 40cm. Für Türöffner, Lichtschalter und sonstige Bedienelemente empfiehlt sich der Einbau in 85cm Höhe. Kabel können zur Sturzgefahr werden, wenn sie nicht mit Kabelkanälen verkleidet werden. Und schließlich: Menschen, die im Rollstuhl sitzen, haben durch die Sitzhöhe eine andere Perspektive auf ihre Umwelt. Dem sollte auch die Architektur Rechnung tragen, indem Fensteröffnungen nicht zu hoch eingebaut werden. Hier geht es nicht nur um die Bedienbarkeit der Fenstergriffe und Jalousien, sondern auch um den Genuss eines freien Ausblicks.
Tipp: Staatliche Förderungen nutzen
Je nach persönlicher Situation besteht die Möglichkeit, staatliche Förderungen in Anspruch zu nehmen. Liegt ein Pflegegrad vor, zahlt die Pflegekasse einen Zuschuss bis 4.000 Euro. Wer schon vorher den Umbau abgeht, kann auf regionale Förderprogramme und die Förderung der KfW zurückgreifen. Das dortige Zuschussprogramm bietet attraktive Möglichkeiten – allerdings ist die Gesamtsumme der Förderung begrenzt und die Fördertöpfe mitunter schon mitten im Jahr erschöpft.