Das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG)
Über das Behindertengleichstellungsgesetz, kurz BGG, wird die Gleichstellung von Menschen mit Behinderung in Deutschland geregelt. Dies lässt sich natürlich schon aus dem Wort entnehmen. Aber was steckt generell dahinter? Natürlich fußt das Gesetz auf das Grundgesetz, welches die Gleichberechtigung aller Menschen, unabhängig von Alter, Geschlecht, Religion, körperlicher Eigenschaften und Herkunft regelt. Aber was bedeutet das BGG für Menschen mit Beeinträchtigungen genau?
Was ist das Behindertengleichstellungsgesetz?
Die Grundlage des Gesetzes ist das Benachteiligungsverbot des Grundgesetzes. Das daraus entstandene Behindertengleichstellungsgesetz diente der Setzung wichtiger Maßstäbe rund um die Barrierefreiheit im öffentlichen Raum, wobei hierunter nur Behörden, Anstalten des Bundes und entsprechende Körperschaften fallen. Die Privatwirtschaft ist nicht in dem Gesetz eingeschlossen. Auf diesem Gebiet wird vielmehr von freiwilligen Vereinbarungen gesprochen. Aber welche Inhalte sind wichtig?
Barrierefreie Gestaltung: Klare Vorgaben in öffentlichen Gebäuden
Sie wird durch das Gesetz klar geregelt. Es gibt einheitliche Bestimmungen, die sowohl die Gestaltung des öffentlichen Raums, aber auch die Möglichkeit der Teilhabe klären. Im Jahr 2016 wurde das Gesetz anhand einer UN-Richtlinie reformiert. Seitdem bestehen beispielsweise klare Bau- und Verkehrsrichtlinien in Bezug auf Barrierefreiheit in öffentlichen Einrichtungen.
Gebärdensprache: Mittlerweile als eigenständige Sprache anerkannt
Im Zuge der Reform 2016 wurden auch die Anforderungen rund um die Leichte Sprache verändert. Die Gebärdensprache ist nun als eine eigenständige Sprache anerkannt. Auch lautsprachbegleitende Gebärden werden als Form der deutschen Sprache anerkannt. Betroffenen Menschen steht das Recht zu, diese Form der Sprache anzuwenden und auch, sie im Rahmen einer behördlichen oder anderweitig öffentlichen Unterhaltung zu fordern. Behörden müssen beispielsweise einen Gebärdensprecher zur Verfügung stellen, wenn dies gefordert ist.
</Benachteiligungsverbot
Menschen mit Behinderungen dürfen von Trägern der öffentlichen Gewalt nicht benachteiligt werden. Sollte ein Mensch mit Behinderung zwanglos unterschiedlich behandelt werden und wird ihm dadurch die Teilhabe am öffentlichen Leben verwehrt oder erschwert, so ist dies eine Ordnungswidrigkeit. Im öffentlichen Raum sind Städte und Kommunen dazu verpflichtet, einen barrierefreien Zugang samt aller notwendigen Mittel bereitzustellen oder einzurichten. Bei Umbauten, Neubauten oder Erweiterungsbauten der öffentlichen Hand muss die Barrierefreiheit berücksichtigt werden.
Schriftstücke: In der richtigen Form
Menschen mit einer Sehbehinderung dürfen erwarten, dass ihnen Bescheide und behördliche Post in Blindenschrift überreicht werden. Gerade in Verwaltungsverfahren ist dies notwendig, damit betroffene Personen ihre eigenen Rechte selbstständig wahrnehmen können. Zugleich sind Träger der öffentlichen Gewalt dazu verpflichtet, mit Menschen, die eine geistige oder seelische Behinderung haben, in geeigneter Sprache zu kommunizieren. Die Leichte Sprache gilt hier als Leitfaden.
Behindertengleichstellungsgesetz: Welche Regelungen sind besonders relevant?
Das Behindertengleichstellungsgesetz regelt die allgemeinen Bedingungen und Grundlagen, die die Rechte von Menschen mit Behinderung sicherstellen. Betroffene Personen interessieren sich jedoch verständlicherweise für die Facetten und Schwierigkeiten ihres Alltags. Diesbezüglich greift das BGG nur ansatzweise ein, da es weder die Privatwirtschaft regelt, noch weitere private Gebäude und Stätten.
So wird die Arbeitswelt nach dem Schwerbehindertengesetz und dem Sozialgesetzbuch für Menschen mit Behinderung geregelt. Diese Gesetze greifen wiederum auf das Grundgesetz und das BGG zurück, doch werden die einzelnen Facetten angepasst geregelt.
So darf ein Mensch mit Behinderung in der Arbeitswelt nicht nachteilig behandelt werden und Unternehmen müssen ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl einen festen Prozentsatz ihrer Arbeitsplätze potenziell Menschen mit Behinderung zur Verfügung stellen. Im Gegenzug hat der Arbeitnehmer das Recht, einen auf seine Konstitution angepassten Arbeitsplatz zu fordern und kann dieses Recht einklagen.
Beim barrierefreien Zugang zur eigenen Wohnung sieht das Bild anders aus. Im Grundsatz kommt es darauf an, um welche Wohnung es sich handelt. Während Wohngenossenschaften und öffentliche Wohnträger einen barrierefreien Zugang wenigstens in bestimmten Bereichen bieten müssen, so ist das bei einem privaten Vermieter nicht der Fall. Der Vermieter ist nicht verpflichtet, den Eingangsbereich barrierefrei zu gestalten, doch darf er einer Rampenlösung oder der Installation eines Treppenlifts nicht widersprechen. Die Kosten trägt hier allerdings der betroffene Mieter. Außerdem darf der Vermieter eine Sicherheitsleistung fordern, um einen späteren Rückbau zu gewährleisten.
Behindertengleichstellungsgesetz: Was können Menschen mit Beeinträchtigung fordern?
Menschen mit Beeinträchtigungen dürfen im öffentlichen Bereich stets die ungehinderte Teilhabe erwarten – und notfalls einfordern. Allerdings ist es notwendig, den eigenen Fall realistisch zu betrachten. So ist nicht grundsätzlich davon auszugehen, dass stets ein Gebärdensprecher im Amt zugegen ist. Betroffene sollten bei einer Terminvereinbarung somit auf die Notwendigkeit eines solchen hinweisen, damit keine Irritationen aufkommen oder der Termin gar verschoben werden muss. Auch Menschen mit Sehbehinderung sollten vor einem Termin auf das Handicap hinweisen, sodass die Behörde entsprechende Schriftstücke lesbar aufbereiten kann.
Im Arbeitsleben dürfen Menschen mit Beeinträchtigung stets einen ausfüllenden, aber nicht überfordernden Arbeitsalltag fordern. Jeder Mensch ist so einzusetzen, wie es den Fähigkeiten nach möglich ist. Abweichende Regelungen sind höchstens kurzzeitig möglich, beispielsweise, wenn der spätere Arbeitsplatz gerade erst barrierefrei gestaltet wird, die Anstellung jedoch früher beginnt. Zudem darf der zusätzliche Urlaub im Jahr eingefordert werden. Bei einer Fünftagewoche stehen dem Arbeitnehmer fünf zusätzliche Urlaubstage zu, bei einer Dreitagewoche drei.