Barrierefreiheit am Arbeitsplatz

Menschen mit Behinderung haben es auf dem Arbeitsmarkt oft nicht leicht. Laut Statistischem Bundesamt waren im Jahr 2019 nur rund 57 % aller Menschen mit Behinderung zwischen 15 und 64 Jahren in den Arbeitsmarkt integriert. Das ist nur knapp über die Hälfte! Im Vergleich: Von allen nicht behinderten Personen in derselben Altersgruppe betrug die Erwerbsquote ungefähr 82 %.

Grund für diese geringen Zahlen der erwerbstätigen Behinderten sind unter anderem die niedrigen Schulabschlüsse: Nur 12% der Behinderten hatten im Jahr 2019 das Abitur – das ist weniger als halb so viel im Vergleich mit nicht behinderten (28%)! Die Zahl der Menschen mit Behinderung ohne Schulabschluss ist ebenfalls sehr auffällig. Im Alter von 25 bis 44 Jahren hatten im Jahr 2019 16% der Behinderten keinen Schulabschluss (Quelle: destatis.de). 

Wussten Sie schon?

Im privaten und öffentlichen Dienstleistungssektor sind Menschen mit Behinderung am meisten vertreten. Ungefähr 31% der erwerbstätigen Menschen mit Behinderung arbeiten im Dienstleistungssektor! Die meisten Behinderten in diesem Sektor arbeiten in den Bereichen Erziehung und Unterricht sowie Gesundheits- und Sozialwesen (Quelle: destatis.de).

Welche Verpflichtungen haben Arbeitgeber?

Alle privaten und öffentlichen Arbeitgeber sind laut deutschem Sozialgesetzbuch dazu verpflichtet mindestens fünf Prozent der Stellen mit Personen mit Behinderung zu besetzen – das gilt allerdings nur für Unternehmen mit mehr als 20 Mitarbeitern. Erfüllt ein Unternehmen diese Vorgabe nicht, muss es Ausgleichsabgaben zahlen. Diese Ausgleichsabgaben werden unter anderem dazu genutzt, Integrationsämter und die Arbeitsagentur bei der Beschäftigung von Menschen mit Behinderung finanziell zu unterstützen. Diese Regelung ist dafür da, Betriebe zu motivieren, Menschen mit Behinderung einzustellen und somit für mehr Inklusion zu sorgen. Doch welche Vorgaben gelten für die Barrierefreiheit des Arbeitsplatzes? Das wird im Folgenden geklärt.

Die wichtigsten Richtlinien für die Umsetzung eines barrierefreien Arbeitsplatzes sind die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR V3a.2) und die DIN 18040-1.

Die Technischen Regeln für Arbeitsstätten (ASR V3a.2)

Die ASR sind detaillierte Definitionen darüber, was einen barriererfreien Arbeitsplatz ausmacht. Sie sind Teil der allgemeinen Arbeitsstättenverordnung. Zusammenfassend steht in den ASR, dass alle den Beruf der Person betreffenden Anlagen und Systeme von der Person mit Behinderung selbstständig und ohne Hindernisse benutzt werden können. Das gilt auch für die Arbeits- und Transportmittel sowie für Informationsverarbeitungssysteme und Kommunikationseinrichtungen. Auch Vorgaben zur Barrierefreiheit von Verkehrswegen, Unterkünften, Türen und Notausgängen sind in den ASR festgehalten.

DIN 18040-1

Die Vorgaben der DIN 18040-1 gelten vor allem für öffentliche Einrichtungen und generell für öffentlich zugängliche Gebäude. Das sind zum Beispiel Kultureinrichtungen, Veranstaltungsräume, Sportstätten oder Gerichte. Bei diesen Einrichtungen spielt es keine Rolle, ob sie Mitarbeiter mit Behinderung beschäftigen, sie müssen auch für die potenziellen behinderten Besucher für ein barrierefreies Erlebnis sorgen. Die Vorgaben der DIN 18040-1 berücksichtigen besonders die Bedürfnisse von Menschen mit motorischen Einschränkungen, mit Seh- oder Hörbehinderungen und Personen mit Mobilitätshilfen (zum Beispiel Rollstühle oder Rollatoren). Aber auch andere Personengruppen profitieren von der Umsetzung dieser Normen: 

  • kleinwüchsige Menschen
  • Senioren
  • Kinder
  • Personen mit geistiger oder kognitiver Behinderung

Wie kann man einen Arbeitsplatz barrierefrei gestalten?

Bei der Gestaltung und Umsetzung eines barrierefreien Arbeitsplatzes muss einiges beachtet werden. Es geht ja immerhin nicht nur um den Arbeitsplatz an sich – auch der Weg dahin muss barrierefrei sein. Das heißt, die Parkplatzsituation muss passen, es muss unter Umständen ein Aufzug oder ein Treppenlift verfügbar sein, wenn der Arbeitsplatz nicht im Erdgeschoss ist und auch barrierefreie Toiletten und Pausenräume müssen vorhanden sein. 

Da so viele Faktoren zusammenkommen, macht es in jedem Fall Sinn, die Barrierefreiheit bei der Planung eines neuen Gebäudes direkt mit einzubeziehen. So spart man sich im Nachhinein eine Menge Arbeit, Aufwand und Geld für einen Umbau des Gebäudes. Bei der Planung des Arbeitsplatzes muss vor allem beachtet werden, dass Behinderungen sehr unterschiedlich und individuell ausfallen und es daher ganz unterschiedliche Hindernisse und Probleme geben kann. 

Die wichtigsten drei Faktoren für die Barrierefreiheit am Arbeitsplatz sind die Wahrnehmbarkeit, Erkennbarkeit und die Erreichbarkeit von wichtigen Objekten, Räumen, Arbeitsmaterialien und -instrumenten. Die Wahrnehmbarkeit und Erkennbarkeit kann man am besten nach dem 2-Sinne-Prinzip erledigen: Das 2-Sinne-Prinzip besagt, dass maßgebliche Informationen (zum Beispiel Warnhinweise) mit mindestens zwei von drei Sinnen (sehen, fühlen und hören) vermittelt werden müssen. So ein könnte ein Schild mit Warnhinweis beispielsweise sowohl eine auffällige Farbe haben, als auch eine aufgedruckte Braille-Schrift (Blindenschrift). Generell ist es für Menschen mit Sehbehinderung oder geistiger Einschränkung sehr hilfreich, wenn sich verschiedene Bereiche am Arbeitsplatz klar voneinander farblich und im Kontrast abheben. Alle Arbeitsmaterialien und -instrumente sollten zudem in unmittelbarer Nähe sein – weite Lauf- bzw. Fahrtwege sollten vermieden werden.

Die Wege zur Arbeitsstelle müssen Rollstuhl-kompatibel sein – sowohl im Außenbereich als auch innen. Das heißt, die Wege müssen zum einen breit genug sein, dass ein Rollstuhlfahrer sie bequem nutzen kann und auch Begegnungen mit anderen Personen auf dem Weg kein Problem darstellen. In der Regel sollte die Breite mindestens 150cm betragen. Außerdem müssen die Wege komplett eben und glatt, aber trotzdem rutschhemmend sein – Bodenschwellen, Stufen und Unebenheiten können zu einem Hindernis für Rollstuhlfahrer werden. Wenn auf dem Gelände oder im Innenraum Treppen und Stufen vorhanden sind, müssen diese per Rampen, Treppenlift oder Aufzug überwunden werden können.

Neben diesen Vorlagen für die Barrierefreiheit am Arbeitsplatz gibt es noch viele weitere. Wenn Sie einen barrierefreien Arbeitsplatz planen, fragen Sie am besten Ihre (zukünftigen) Mitarbeiter, was ihre individuellen Anforderungen sind, damit ein reibungsloser Ablauf im Arbeitsalltag garantiert werden kann.