Diese Rechte haben Menschen mit Behinderung am Arbeitsplatz
Im Jahr 2019 galten laut dem Statistischen Bundesamt 57 Prozent aller Menschen mit Behinderung im arbeitsfähigen Alter beruflich integriert. Die Erwerbsquote liegt zwar deutlich unter der von gesunden Menschen, doch steigt sie seit 2009 markant an. Dennoch ist das Berufsleben für körperlich oder geistig eingeschränkte Menschen oft nicht leicht. Es entstehen Probleme, zugleich sind Betroffenen häufig ihre Rechtsansprüche nicht bekannt. Doch wie sehen diese genau aus und was sollten Betroffene dabei beachten?
Welche potenziellen Probleme entstehen am Arbeitsplatz?
Es gibt strukturelle Probleme im beruflichen Aufenthaltsbereich, aber auch die Schwierigkeiten, denen sich ein Betrieb wird stellen müssen, wenn er zum ersten Mal Menschen mit Behinderung einstellt. Eine barrierefreie Erreichbarkeit bedingt für Kunden völlig andere Hintergründe als für Mitarbeiter, die sich allerorts im Betrieb bewegen.
Ein größeres Problem bietet das Inklusionsgesetz. Ab einer Mitarbeiterzahl von 20 Personen ist das Unternehmen verpflichtet, mindestens fünf Prozent der Plätze an Personen mit Schwerbehinderung zu vergeben. Alternativ können sie eine Ausgleichsabgabe entrichten – diese ziehen viele Betriebe vor.
Ein Grund dafür ist mitunter das verstärkte Kündigungsschutzgesetz, aber auch die zusätzlichen Urlaubstage der Betroffenen. Das Gesetz könnte in dieser Form also auch eine Hürde für Menschen mit Beeinträchtigungen darstellen, einen Job zu bekommen.
Für Betroffene im Arbeitsleben stellen sich die Hürden sowohl im Alltag, als auch in der Arbeitseinteilung dar. Notwendige Voraussetzungen werden teils nur schleppend umgesetzt, wenngleich diese notwendig wären, damit der Mitarbeiter problemlos seinen Arbeitsplatz erreichen kann. Auch dieser muss, abhängig von der Art und des Grades der Behinderung, so ausgestattet sein, dass der Mitarbeiter seiner Arbeit im vollen Umfang nachgehen kann. Dabei stellen sich für Mitarbeiter mit geistiger Beeinträchtigung teils deutlich andere Probleme als für Personen mit körperlichen Behinderungen.
Welche Rechte haben Arbeitnehmer?
Die Gesetze von Menschen mit Behinderungen in der Arbeitswelt unterliegen zuerst einmal dem Grundgesetz, da niemand aufgrund einer Behinderung benachteiligt werden darf. Auch die gesetzlichen Vorgaben des § 164 SGB IX Abs. 2 fußen darauf. So darf ein Arbeitgeber keinen Arbeitnehmer aufgrund der Behinderung benachteiligen. Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz samt seinen Regelungen baut auf diesen Gesetzen auf, wobei das Arbeitsleben von Menschen mit schweren Behinderungen noch einmal eigens definiert wird.
Allgemein gilt:
- Zusatzurlaub: 5 Tage mehr pro Jahr
Menschen mit Behinderungen erhalten mehr Urlaubstage. Insgesamt fünf Tage im Jahr zusätzlich bezahlter Urlaub steht den Mitarbeitern zu. Allerdings ist zu bedenken, dass diese Zusatztage anteilig berechnet werden. Wer nur zwei Tage die Woche arbeitet, der erhält nur zwei Tage zusätzlichen Urlaub.
- Arbeitsplatz: Angemessene Gestaltung
Jeder Mensch mit Behinderung muss seinen Fähigkeiten und Kenntnissen entsprechend optimal eingesetzt werden. Unter- und Überforderungen dürfen nicht aufkommen. Zugleich muss der Arbeitgeber den Arbeitsplatz passend für den Mitarbeiter mit Behinderung ausstatten. Mitarbeiter können die Mittel fordern, zugleich kann der Betrieb Fördermittel für die Herstellung eines Arbeitsplatzes anfordern.
- Bildung: Bevorzugte Behandlung
Menschen mit Behinderungen müssen in Weiterbildungsmaßnahmen des Betriebs besonders berücksichtigt werden. Eine Ablehnung einer solchen betrieblichen oder außerbetrieblichen Maßnahme ist also schwer durchsetzbar.
- Überstunden: Befreiung auf Wunsch möglich
Mitarbeiter mit einer Behinderung können, sofern sie es wünschen, von der Mehrarbeit befreit werden. Überstunden können somit verweigert werden, Konsequenzen darf es nicht geben. Dies gilt allerdings nur bei täglichen Arbeitszeiten von acht Stunden. Bei einem Halbtagsjob können Überstunden vom Unternehmen durchaus gefordert werden.
Gut zu wissen: Die Arbeitsagentur hilft
Über die Arbeitsagentur steht Menschen mit Behinderung der Integrationsfachdienst zur Verfügung. Er dient nicht allein der Vermittlung, sondern sorgt sich auch um Mitarbeiter, die in ihrem jetzigen Betrieb Probleme haben.
Was ist sonst noch zu beachten?
In der Arbeitswelt, aber auch im allgemeinen Alltag, wird nach dem Grad der Behinderung unterschieden. Ab einem Schweregrad von 50 gelten Menschen mit Behinderung als schwerbehindert, wobei es keinen Unterschied macht, in welcher Form sich die Einschränkung ausweist. Einigen eingeschränkten Menschen ist dieser Fakt nicht bewusst, doch ist es wichtig, dass die Einschränkung dauerhaft vorliegt. Ein Mensch, der nach einem Unfall für etliche Monate auf Gehhilfen oder einen Rollstuhl angewiesen ist, ist zwar definitiv für den Augenblick gehbehindert, doch zählt dies nicht als Behinderung.
Unklarheiten bewusst machen
Etliche Unklarheiten sind im Arbeitsleben weiterhin zugegen. Das betrifft auch den Schweregrad sowie die Art der Einschränkung. Ein Mitarbeiter mit einem Schweregrad von 20 wird grundsätzlich anders behandelt als einer mit einem Grad 60 – die Schwere der Einschränkung ist schlichtweg unterschiedlich und lässt sich zudem in die Art der Einschränkung unterteilen.
Erhöhter Kündigungsschutz ist kein Freibrief
Ein anderes Thema ist der erhöhte Kündigungsschutz, der vor Diskriminierung schützen soll. Ein Mitarbeiter mit Behinderung, der trotz Abmahnung immer wieder deutlich zu spät erscheint, darf nach Rücksprache mit dem Integrationsamt durchaus gekündigt werden.
Eigene Pflichten: Notwendige Hilfen kommunizieren
Mitarbeiter mit Behinderungen haben durchaus eigene Pflichten, die schon bei der Vorstellung im Unternehmen beginnen. Es ist notwendig, dass sie dem Betrieb mitteilen, welche Maßnahmen zu treffen sind, damit sie der geforderten Arbeit nachgehen können. Diese Forderungen können sich auf Rampen, spezielle Tastaturen oder frei zugängliche Arbeitsplätze in der Produktion beziehen.